Eingerichtet am 20.12.2000       Zuletzt geändert am 22.01.2001

Volkmar Kobelt HEIM    "Politik"

Einkommensteuer

Der Staat benötigt für die Erfüllung seiner Funktionen Mittel, die er nicht selbst erwirtschaften kann. Er erhebt diese deshalb von seinen Staats-Angehörigen oder den Einwohnern seines Territoriums, heutzutage in Form von Geld, genannt Steuern. -

Eine dieser Steuern ist die Einkommensteuer. Teils historisch, teils systematisch ordnet sie sich in eine Reihe von personenbezogenen Steuern ein: Angefangen mit einer einheitlichen Kopfsteuer, die jeder für Zugehörigkeit zum Staat oder dessen Inanspruchnahme zu zahlen hat, über die zum Einkommen proportional zu zahlende Steuer bis zu einem mit dem Einkommen "progressiv" ansteigenden Steuersatz.

Progression bedeutet also, daß für einen bestimmten Einkommens-Zuwachs bei höherem Gesamt-Einkommen ein höherer Anteil an Steuern abzuführen ist als bei einem niedrigeren Gesamt-Einkommen. Es gibt einen mit dem Gesamt-Einkommen steigenden "Grenzsteuersatz".

Diese Regelung wird mit der (gegenüber dem einfachen proportionalen Satz) größeren Gerechtigkeit begründet: Jemand mit höheren Einkünften benötigt nicht entsprechend mehr zum Leben. Restlos logisch läßt sich das aber wohl kaum ausdrücken. Zum einen ist dieser Grenzsteuersatz doch wieder beschränkt, bei uns zur Zeit auf ca. 50%. Da fragt sich, was dieser Gerechtigkeit geholfen ist, wenn ein Millionen-Einnehmer eine Million netto erst erzielt, wenn er zwei Millionen brutto hat, und nicht schon, wenn er z.B etwas über einer Million brutto hat.

Solcher Art Gerechtigkeitsbestreben könnte man vielleicht entgegenkommen durch einen konsequenteren Verlauf der Abhängigkeit der Steuer vom Einkommen: Zum Beispiel kann man mit einer einfachen logarithmischen Abhängigkeit des Netto-Einkommens vom Brutto-Einkommen erreichen, daß bei geringem Einkommen kaum Steuer zu zahlen ist, aber bei hohem Einkommen je Verdoppelung des Einkommens ein fester Betrag zum Netto hinzukommt. Also, wenn ein gewiefter Geschäftsmann es zum Beispiel erreicht, statt drei Millionen sechs Millionen im Monat zu erzielen, hat er dann vielleicht netto zweitausend mehr.

Warum macht der Gesetzgeber das nicht so? Man beruft sich dann wohl darauf, daß es einer Enteignung nahekäme, mehr als 50% wegzunehmen. Vom Wegnehmen auch von weniger als 50% werden aber Steuerzahler mit geringerem Einkommen doch noch härter getroffen.

Ein realistischerer Grund, nicht zu viel wegzunehmen, ist wohl, daß auch sog. privates Geld z.B. in wirtschaftliche Unternehmen gesteckt werden kann. Da sollte nicht zu wenig Spielraum in Handel und Wandel bleiben, da wir alle von der Wirtschaft abhängen. Dies gilt aber ja wohl wiederum auch für die mäßigeren Einkommen.

Ein Ansatz zu einer systematischer begründbaren Einkommensteuer ist mit der "Negativsteuer", auch Bürgergeld, möglich; wie in den letzten Jahren von verschiedenen Seiten vorgetragen. In einfachster Form und für den einfachsten Fall (ohne Berücksichtigung von Unterhaltspflichten) würde einem festen prozentualen Steuersatz ein fester Betrag gegenüberstehen, den der Steuerpflichtige (als natürliche Person) vom Staat bekommt. Das ergibt also eine lineare Abhängigkeit des Netto-Einkommens vom Brutto-Einkommen, wo ein normal Verdienender etwas an den Staat zu zahlen hat, ein Bedürftiger etwas herausbekommt.

Hier muß man dann allerdings wohl zugeben, daß der Verlauf der Steuerkurve (hier also eine Gerade) bei ihrem Durchgang durch die Null-Achse doch nicht als ganz glatt in jeder Hinsicht zu bewerten ist: Ein Recht, etwas herauszubekommen, geht nicht glatt über in die Pflicht, etwas zu zahlen. Wie eine Kontoüberziehung als etwas qualitativ anderes gesehen wird als ein Guthaben. Wie es Briefmarken mit negativem Wert nicht zu "kaufen" gibt. Der Steuerfahndung auf der einen Seite wird ein Antrag-Entgegennahmewesen auf der anderen gegenüberstehen. (Wenn auch möglicherweise einfacher als das jetzige.)

In gewissem Sinne entspricht dem die jetzt geltende Regelung dann doch wieder, wenn man sich zu der Sprachregelung verstünde: Die Einkommensteuer beträgt 50% vom Einkommen. Bei Geringverdienenden wird ein einkommensabhängiger Nachlaß gewährt. Bedürftige können Anträge auf Hilfe stellen.

Ein wirtschaftlich-systematisch einsehbarerer und gerechterer Weg als diese Ansätze wäre aber wohl die von Berufeneren vorgeschlagene Konsumsteuer: Der Staat erhält keinen Anteil vom Geld, das auf dem Konto des Steuerpflichtigen eingeht, sondern nur von dem, was dieser für konsumtive Zwecke ausgibt. Dann würde Geld, das investiert wird, unabhängig von formalen Umständen als solches behandelt werden. -

In jeder Form der Steuererhebung wird jemand eine Ungerechtigkeit entdecken können. Die wichtigste Milderung dessen wäre, wenn der Staat sich kostenmindernd auf seine Aufgaben beschränken würde und nicht in die Richtung ginge, daß einer Minderheit, die unter Druck und unter Ausnutzung aller Rationalisierungs­möglichkeiten das Lebensnotwendige produzierte, eine Mehrheit gegenüberstünde, deren Mitglieder für die Zuteilung der Produkte sorgen oder um ihre jeweilige eigene Zuteilung kämpfen oder beides. Daß mit solchem System allenfalls den hinreichend An-Verfilzten geholfen ist, sieht man an den Obdachlosen, die außerdem unter einem weniger erstickenden System möglicherweise zuversichtlicher sein könnten, gelegentlich auf eine wohlwollende Seele zu treffen.


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